Unser Lieblingsthema: Stigmatisierung und Mythen. Auch vor NFP (natürliche Familienplanung) wird leider kein Halt gemacht.
Aber wir wären nicht wir, wenn wir nicht auch hier ein wenig Licht ins Dunkel bringen würden.
Denn für uns ist NFP vor allem eins: Der maximale Ausdruck von Zykluskompetenz
und eine hochsichere, hormon- und nebenwirkungsfreie Verhütungsmethode. Mithilfe von NFP wirst Du zur*m Expert*in DEINES ganz eigenen Zyklus. Say Goodbye zu der Zeit, als Deine Menstruation Dich noch kalt überraschen konnte oder seltsame Symptome Dich total verunsichert haben. Mit NFP kennst Du Deinen Zyklus in- und auswendig. Ab sofort heißt es: Selbstbewusstsein, Zuverlässigkeit und ein Leben im Einklang mit dem eigenen Zyklus.
Was wir aber total verstehen, ist, dass es gerade am Anfang noch viele Fragezeichen gibt. Google spuckt teilweise etwas widersprüchliche Infos aus und der Arzt*die Ärztin des (nicht-) Vertrauens leider oftmals auch…
Was ist NFP?
NFP bedeutet “Natürliche Familienplanung” und umfasst verschiedene Methoden, die Dir dabei helfen, Deinen Zyklus ganz individuell zu beobachten und so haargenau kennenzulernen. Auf diese Weise kannst Du mit Hilfe von NFP entweder gezielt und geplant schwanger werden oder aber auf hochsichere und hormonfreie Weise verhüten.
Als NPF-Nutzer*in der symptothermalen Methode (womit wir arbeiten) beobachtest Du jeden Tag verschiedene Körperzeichen, die sich mit dem zyklischen Verlauf innerhalb Deines Körpers verändern.
Dazu zählt zum einen Deine Basaltemperatur, also Deine Aufwachtemperatur (die Du morgens als allererstes liegend und noch vor dem Aufstehen misst) sowie ein weiteres Körperzeichen. Dafür untersuchst Du täglich entweder Deinen Zervixschleim oder Deinen Muttermund. Alle diese drei Körperzeichen verändern sich zuverlässig im Laufe des Zyklus aufgrund der Hormone Östrogen und Progesteron und geben Dir damit wichtige Hinweise auf die fruchtbaren bzw. unfruchtbaren Zeiten DEINES Zyklus. Auf diese Weise werden keine vagen Vorhersagen getroffen (wie es z.B. die allermeisten Zyklus Apps tun), sondern valide Aussagen in Bezug auf Deine ganz eigene (Un-)Fruchtbarkeit.
Ein Einführungskurs wird Dir helfen, genau zu erlernen, wie Du Deinen Körper beobachtest und auch, wie die Auswertung funktioniert. Hierfür gibt es ein ausgeklügeltes Regelwerk. Aber keine Sorge, es klingt trockener als es tatsächlich ist. Stell es Dir viel mehr vor, wie das Lösen eines spannenden Rätsels. Deine NFP-Beraterin an Deiner Seite unterstützt Dich hierbei, zur perfekten Rätsellöserin zu werden.
Ist natürlich zu verhüten also = NFP?
Nein, natürlich zu verhüten, ist nicht zwangsläufig auch NFP.
Unter natürlicher Verhütung versteht man bspw. die sehr unsichere Kalendermethode, Coitus Interruptus (“rausziehen”) oder empfängnisverhütende Pflanzen. All dies sind extrem unsichere, wenn auch natürliche Verhütungsmethoden und dementsprechend nicht für eine sichere Empfängnisverhütung empfohlen.
Aber auch NFP ist nicht gleich NFP. Es gibt viele verschiedene NFP Arten.
Die unserer Meinung nach zuverlässigste NFP-Methode ist die symptothermale Methode, bei der durch die doppelte Kontrolle mit Hilfe von zwei Körperzeichen (Basaltemperatur + Zervixschleim/Muttermund), eine extrem hohe Sicherheit gegeben ist.
Die symptothermale Methode ist die wissenschaftlichste und am besten erforschte. Was beobachtet wird, ist kein Gefühl, sondern Biologie, die in zahlreichen Studien bestätigt werden konnte und als hochsicher betrachtet wird.
Durch die tägliche Beobachtung Deiner Körperzeichen und die Eintragung und Auswertung auf einem Zyklusblatt kannst Du so extrem zuverlässig das fruchtbare und unfruchtbare Fenster Deines Zyklus Zyklusblatt für Zyklusblatt von Neuem bestimmen.
In Hinblick auf die Sicherheit bietet die symptothermale einen Pearl Index von 0,4 (drei ungeplante Schwangerschaften in 7866 ausgewerteten NFP-Zyklen, was eine Änderung des Regelwerks zur Folge hatte mit dem Ergebnis, dass es danach in den folgenden über 36.000 Zyklen nicht eine Schwangerschaft aufgrund Methodenversagens gab).
Was wissenschaftlich bestätigt allerdings Einfluss auf die Sicherheit von NFP nimmt:
- Wurde die Methode alleine oder mit einer Beraterin erlernt?
- Wie groß ist Deine Motivation?
- Wie steht Ihr (ggf.) in Eurer Beziehung zu NFP?
Was brauche ich, um mit NFP starten zu können?
Um starten zu können, benötigst Du vor allem ein Basalthermometer, das drei Minuten lang misst und zwei Nachkommastellen hat (gibt es bereits ab ca. 7€), ein Zyklusblatt und einen Stift.
Solltest Du vorhaben, einen Einführungskurs zu besuchen (was wir Dir im Hinblick auf die Sicherheit dringend empfehlen würden), bekommst Du von uns noch zwei Buchempfehlungen. Diese kommen in unseren Kursen und Beratungen regelmäßig zum Einsatz.
Die größte Investition ist definitiv der Einführungskurs und die damit verbundene persönliche und individuelle Unterstützung durch eine zertifizierte Beraterin. Weitere Kurs- und Arbeitsmaterialien sind in der Kursgebühr enthalten und werden Dir dementsprechend zur Verfügung gestellt.
Im Anschluss daran kommen keine weiteren Kosten und Anschaffungen auf Dich zu (außer das Thermometer sollte nach Jahren mal kaputt gehen).
Wer kann NFP nutzen?
Ganz einfach gesagt: Jede Person mit einer Gebärmutter, die NFP nutzen möchte!
Auch ein unregelmäßiger Lebensstil oder ein unregelmäßiger Zyklus müssen nicht per se ein Ausschlusskriterium für NFP sein (anders als oftmals behauptet wird). Gerade hier lohnt sich eine individuelle Beratung und der fachmenschliche Blick einer*s NFP-Berater*in.
Wichtig ist in erster Linie, dass NFP die für Dich ganz persönlich richtige Verhütungsmethode ist.
Hilfreich ist es, wenn Du Dir selbst Gedanken machst, welche Kriterien die jeweilige Verhütungsmethode für Dich erfüllen muss:
Soll es hormonfrei sein?
Soll es nebenwirkungsfrei sein?
Was darf/soll es kosten?
Möchtest Du die Verantwortung für Deinen Körper übernehmen oder lieber abgeben?
Wie oft möchtest Du an Deine Verhütung denken?
Ist Verhütung nur Dein Thema oder ggf. ein partnerschaftliches Thema?
NFP kann in nahezu allen Lebenslagen und -situationen genutzt werden. Die Frage ist immer, ob es gerade zu DIR passt.
Sollte Deine oder Eure Hauptmotivation ein bestehender Kinderwunsch sein, so kann das Kennenlernen Deines Zyklus und das Erkennen der fruchtbaren Fenster im Zyklus auf alle Fälle helfen, schneller und unkomplizierter schwanger zu werden, was in der Regel viel Druck und Stress aus der Kinderwunschzeit nimmt.
Außerdem solltest Du keine Hemmungen haben, mit Deinem Körper in Kontakt zu kommen (z.B. indem Du Dich vaginal abtastest, um Deinen Muttermund zu erfühlen oder indem Du Deinen Zervixschleim genau untersuchst).
Mein Lebensstil ist sehr unregelmäßig. Ist NFP für mich trotzdem sicher und geeignet?
Ein unregelmäßiger Lebensstil ist definitiv KEIN Ausschlusskriterium für die Nutzung von NFP - gleichzeitig ist dies wohl einer der größten Mythen, die Frauen und Menschen mit Gebärmutter davon abhält, sich an NFP ran zu trauen.
Spätes Zubettgehen, unregelmäßige Aufstehzeiten oder auch ein Job im Schichtdienst werden einfach bei der Eintragung ins Zyklusblatt berücksichtigt, um zu beurteilen, welche Faktoren DEINEN Zyklus stören oder auch nicht. Stören sie nicht (das heißt, nehmen sie keinen Einfluss auf Deine Temperaturkurve oder Dein weiteres Körperzeichen), gibt es auch nichts, was Du berücksichtigen musst. Störfaktoren sind immer äußerst individuell und von Person zu Person verschieden.
Mit Hilfe einer*s NFP-Berater*in können Störfaktoren oftmals deutlich leichter identifiziert werden, mit dem Ergebnis, dass Du schon ganz bald selbstbewusst und ohne Probleme Deinen Zyklus lesen und auswerten kannst.
Kann ich auch mit einem unregelmäßigen Zyklus NFP nutzen?
Ja, auf alle Fälle. Sehr häufig sogar profitieren gerade Menschen mit unregelmäßigem Zyklus von NFP, indem sie endlich einen Überblick über ihre Zyklen bekommen und erkennen können, ob regelmäßig Eisprünge stattfinden, wie lang die einzelnen Zyklusphasen sind und was einen Einfluss nimmt auf den Zyklus.
NFP kann hier wirklich helfen, Detektivarbeit zu betreiben und Zusammenhänge aufzudecken, die vorher völlig im Dunkeln lagen.
Wichtig ist auch, dass anders als die meisten Zyklus Apps, die generische Aus- und Vorhersagen treffen (ähnlich wie die Kalendermethode), wird bei der symptothermalen Methode immer wieder von Neuem der jeweilige Zyklus angeschaut und ausgewertet (was auch eine mögliche Kinderwunschplanung bei unregelmäßigem Zyklus DEUTLICH erleichtert).
Ein Nachteil kann sein, dass aus Sicherheitsgründen insbesondere bei langen Zyklen auch eine recht lange fruchtbare Zeit angenommen wird.
Ist NFP auch bei PCOS möglich?
Auch Menschen mit PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom) können NFP nutzen. Wer PCOS hat, hat neben anderen Symptomen typischerweise sehr unregelmäßige und/oder sehr lange Zyklen.
Aus diesem Grund betrachten sich Betroffene oftmals als ungeeignet für NFP. Insbesondere zur Zyklusbeobachtung oder bei einem bestehenden Kinderwunsch kann NFP allerdings auch hier extrem sinnvoll sein.
Im Hinblick auf die Verhütung ist zu bedenken, dass gerade bei sehr langen Zyklen aus Gründen der Methodensicherheit auch eine recht lange vermeintliche fruchtbare Phase angenommen wird, sodass in diesem Zeitraum parallel ein anderes Verhütungsmittel (wie etwa Kondom, Femidom, Diaphragma oder Enthaltsamkeit) hinzugezogen werden muss. In dieser Zeit besteht dann auch die Sicherheit des jeweils verwendeten Verhütungsmittels.
Schlussendlich muss also die anwendende Person ganz individuell entscheiden, ob NFP für sie hilfreich und sinnvoll ist.
Warum sollte ich NFP mit einer Beraterin erlernen?
Weil es die Sicherheit von NFP signifikant erhöht. Und das sagen wir nicht nur aus Freude am Beraterin sein, sondern weil dies in Studien belegt wurde ;)
Auch in unserer Praxis sehen wir häufig eine absolute Sicherheit bei den Übungszyklen und kleine Unsicherheiten in der Beobachtung und Auswertung der eigenen Zyklen. Die Theorie in die Praxis zu bringen gestaltet sich häufig minimal schwieriger als erwartet (oftmals einfach nur, weil man etwas aufgeregt ist und sich der Verantwortung bewusst wird, die man nun übernimmt) und genau dabei ist eine unterstützende Beraterin an Deiner Seite einfach Gold wert! Bei ihr kannst Du Deine Fragen loswerden und Du hast immer noch ein zusätzliches Paar Augen, dass einen Blick auf Deine Zyklen wirft und Dir Feedback gibt und Hilfestellung bietet.
Warum hat mich mein*e Gynäkolog*in nicht über NFP aufgeklärt?
Weil ihnen leider zum einen die Zeit und zum anderen auch oftmals das Wissen und die Fähigkeit fehlt, entsprechend zu NFP zu beraten.
In struktureller Hinsicht möchten wir absolut nicht mit Ärzt*innen tauschen. Wir glauben ganz stark, dass sich die allermeisten ihren Arbeitsalltag so nicht vorgestellt haben. Etwa 8 min pro Termin stehen ihnen zur Verfügung. In dieser Zeit muss eine Anamnese gemacht werden, untersucht und anschließend beraten und aufgeklärt werden. Schier unmöglich, oder? NFP benötigt nicht viele Ressourcen. Eine allerdings schon: Zeit am Anfang zum Erlernen der Methode.
Die hohe Sicherheit der symptothermalen Methode ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Regelwerk extrem ausgereift und über Jahrzehnte getestet und erprobt wurde. Um entsprechend beraten zu können, muss die beratende Person genau dieses Regelwerk natürlich zum einen selbst wie im Schlaf anwenden können, aber auch wissen, wie sie es anschaulich, einfach und nachhaltig vermitteln kann. Dafür braucht es umfassende medizinisch-biologische, aber auch pädagogisch-didaktische Kenntnisse.
Das Handbuch zu kennen und gynäkologisches Wissen zu besitzen, macht noch lange keine*n NFP-Berater*in. Darüber hinaus führt fehlendes Wissen natürlich auch zu fehlendem Vertrauen in die Sicherheit. Die Empfehlung von Verhütungsmethoden, deren Anwendung weniger personenabhängig ist, ist im Grunde natürlich auch eine Absicherung für den Arzt oder die Ärztin.
Nichtsdestotrotz würden wir uns ein paar Dinge ganz stark wünschen:
Die Wissenslücke in Bezug auf die Sicherheit von NFP wird gefüllt
Die Beratung und Aufklärung über Verhütungsmethoden bezieht sich nicht nur oder hauptsächlich auf hormonelle Verhütungsmethoden, sondern schließt nicht-hormonelle Methoden und damit auch NFP mit ein
Die Entscheidung über das Verhütungsmittel liegt bei der anwendenden Person bzw. Paar. Dafür braucht es ein grundsätzliches Menschenbild, dass Menschen kompetente, mündige und entscheidungsfähige Wesen sind. Persönliche Meinungen und Präferenzen des Arztes oder der Ärztin haben in der Beratung nichts zu suchen.
Wenn die Kompetenzgrenze im Hinblick auf die Beratung erreicht ist, wird an andere Stelle verwiesen, z.B. an uns ;)
Muss ich immer um die gleiche Uhrzeit aufstehen und messen?
Nein, musst Du nicht.
Dieser Mythos hält sich hartnäckig, da eine Zeit lang nach dieser Regel gearbeitet wurde. Aus einfachem Grund: Bei manchen Frauen stört es die Temperaturwerte, wenn sie zu unterschiedlichen Uhrzeiten aufwachen. Im schlimmsten Fall wird dadurch falsch ausgewertet. Aber:
sind unterschiedliche Aufwachzeiten nicht bei jeder Frau ein Störfaktor und
werden die Messzeiten ohnehin mit im Zyklusblatt vermerkt, sodass gestörte Temperaturwerte ganz einfach ausgeklammert und bei der Auswertung unbeachtet bleiben können
Auf diese Weise können selbst NFP-Anwender*innen im Schichtdienst mit NFP verhüten.
Keine Sorge also: Du darfst weiterhin am Wochenende genüsslich ausschlafen ;)
Ist NFP auch in der Stillzeit möglich?
Ja, ist es. Für Stillende gilt allerdings ein anderes, sehr spezielles Regelwerk. Hierfür empfehlen wir Dir dringend eine Beraterin, die sich mit NFP in der Stillzeit besonders gut auskennt, damit Du mit Sicherheit in der Stillzeit weiterhin NFP nutzen kannst.
Kann ich zu jeder Zeit im Zyklus schwanger werden?
Nein, pro Zyklus sind Frauen und Menschen mit Gebärmutter genau 12-18 Stunden fruchtbar. Nämlich nachdem die Eizelle gesprungen ist und auf ihre Befruchtung wartet.
Wurde die Eizelle nicht befruchtet, dann geht sie zugrunde und wird wieder vom Körper resorbiert, wodurch wir uns in der unfruchtbaren Zeit des Zyklus befinden. Allerdings können wir niemals VORAUSsagen, wann der Eisprung stattfindet. Der Eisprung kann immer erst im NACHHINEIN festgestellt werden (sichtbar wird das durch den Temperaturanstieg bzw. die Temperaturhochlage in der Zykluskurve).
Dazu kommt, dass Spermien in der fruchtbaren Zeit der Frau aufgrund der Qualität des Zervixschleims eine Überlebensdauer von 5 haben. Rechnet man das zusammen, kommt man auf eine gemeinsame Fruchtbarkeit von 6 Tagen. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, gibt es noch einen gewissen Sicherheitszuschlag. Sollte kein Kinderwunsch bestehen, wird in dieser Zeit auf eine Barrieremethode zur Verhütung zurückgegriffen oder aber auf Sex verzichtet.
Wurde das Regelwerk für NFP erlernt, dann kann die Zeit, in der der Eisprung stattfindet oder stattgefunden hat, sehr gut eingegrenzt werden. Die Zeit des Eisprungs einzugrenzen, hat nicht nur den Vorteil, dass wir die unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung feststellen können, sondern auch die unfruchtbare Zeit am Zyklusanfang eingrenzen können.
Klingt kompliziert? Keine Sorge! Genau dafür sind wir da und helfen Dir, in unseren Einführungskursen all das haargenau zu erlernen und sicher anwenden zu können.
Quellen
Natürliche Familienplanung heute. Raith-Paula, E. (2008). Springer Verlag
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